Für Wachstumsprozesse, die nach dem logistischen Wachstumsmodell ablaufen, gilt:
(1)
Darin sind p(t) bzw. p0 die Populationen zu den Zeitpunkten t bzw. t0, a und b sind die sogenannten Vitalkoeffizienten.
Die Schwierigkeit bei der Modellierung liegt in der Regel darin, die Vitalkoeffizienten a und b zu berechnen. Meist liegen jedoch einige bekannte Werte vor, die die Entwicklung der Population beschreiben helfen. Kennt man die Anfangspopulation p0 sowie die Größe der Population zu zwei weiteren Zeitpunkten t1 und t2, die gleich lange Zeiträume umfassen, d.h. t2 – t1 = t1 – t0 = t, so kann man folgend überlegen:
Bekannt sind p(t0) = p0, p(t1) = p sowie p(t2) = p2.
Daher gilt:
(2) und
(3)
Aus (2) berechnet man:
und damit
(4)
Aus (3) berechnet man in gleicher Weise:
(5)
Daraus folgt:
Wegen a¹0 und p0¹0 kann man durch a bzw. p0 kürzen.
Daraus ergibt sich:
Ausmultiplizieren ergibt:
und nach Herausheben:
Setzt man nun , erhält man
eine quadratische Gleichung in u.
Eine Lösung dieser Gleichung ist u1=1. Die zweite Lösung erhält man durch Zerlegen in Linearfaktoren. Der Linearfaktor lautet:
Daraus erhält man:
(6) . Die erste
Lösung u1=1 ergibt:
und damit
wegen a¹0 den Wert t1=0. Dies entspricht gerade dem
Anfangszeitpunkt t0 mit p(t0) = p0.
Für u2 berechnet man entsprechend
. Logarithmieren
auf beiden Seiten liefert: -at=ln(u2) und weiter:
(7) .
Für gegebenes t (entspricht der Länge des Zeitraums t1 – t0 kann man somit den Vitalkoeffizienten a berechnen. Den zweiten Koeffizienten b erhält man durch Rückeinsetzen in (3) oder (4).
Das folgende Beispiel veranschaulicht die Bevölkerungsentwicklung Afrikas bei Anwendung des logistischen Modells:
Bevölkerung Afrika
Jahr |
1950 |
1980 |
2010 |
Bevölkerung (in Mio.) |
220 |
470 |
690 |
Für die Vitalkoeffizienten berechnet man a=0,04236 und b=0,000050188.
Eine Simulation der Bevölkerungsentwicklung im Zeitraum 1950 – 2100 ergibt folgende Ergebnisse:
Jahr |
1950 |
1960 |
1970 |
1980 |
1990 |
2000 |
2010 |
2020 |
2030 |
2040 |
2050 |
2060 |
2070 |
2080 |
2090 |
2100 |
Bevölkerung |
220,0 |
295,4 |
380,9 |
470,0 |
554,9 |
629,4 |
690,0 |
736,4 |
770,4 |
794,3 |
810,8 |
822,0 |
829,5 |
834,5 |
837,8 |
840,0 |
Die folgende Graphik veranschaulicht das logistische Wachstum:
Es ist deutlich erkennbar, dass die jährliche Zuwachsrate etwa bis zum Jahre 1990 noch zunimmt, danach hingegen zurückgeht.
Berechnet man die durchschnittlichen jährlichen Zuwachsraten für den Zeitraum 150 – 2100, so erhält man:
Jahr |
1950 |
1960 |
1970 |
1980 |
1990 |
2000 |
2010 |
2020 |
2030 |
2040 |
2050 |
2060 |
2070 |
2080 |
2090 |
2100 |
Zuwachs |
0 |
7,54 |
8,55 |
8,91 |
8,49 |
7,45 |
6,06 |
4,64 |
3,39 |
2,4 |
1,65 |
1,12 |
0,75 |
0,5 |
0,33 |
0,22 |
Insgesamt nähert sich die Bevölkerung einem Grenzwert, der in diesem Beispiel bei etwa 840 Mio. zu liegen scheint.
Wie kann man nun diesen Grenzprozess beschreiben und den jeweiligen Grenzwert angeben?
Wir berechnen dazu: :
.
Die Grenzpopulation des logistischen Wachstumsmodells
ist also .
Nicht in allem Fällen liefert das logistische Wachstumsmodell brauchbare Prognosewerte. Zum einen sind dafür die jeweiligen außermathematischen Rahmenbedingungen verantwortlich, zum anderen gibt es jedoch auch Gründe, die in der Struktur des Modells liegen. Beispielsweise liefert die logistische Modellgleichung (1) nicht immer einen positiven Wert für den Vitalkoeffizienten b. Was dies bedeutet, veranschaulicht die folgende Graphik für a=0,05 und b=-0,000006 bei p0=220.
Unter welchen Rahmenbedingungen kann nun eine derartig „chaotische“ Entwicklung auftreten? Wir betrachten dazu nochmals Gleichung (4).
Man erhält für den Vitalkoeffizienten b genau dann einen negativen Wert, wenn gilt:
Nun ist aber " t
ÎÂ+.
Es genügt daher den Zähler in (4) zu betrachten.
Daraus ergibt sich:
. Wegen p0¹0 folgt daraus:
und weiter:
Damit ist:
und
. Formt man
den letzten Term schließlich um:
, erhält man:
(7) .
Die letzte Aussage kann man folgend zusammenfassen: Ist die Zuwachsrate im Zeitintervall [t1, t2] größer als im Zeitintervall [t0, t1], gibt es für das logistische Wachstumsmodell keine vernünftige Lösung.
In diesem Fall wird man entweder ein unbeschränktes, exponentielles Wachstum annehmen und dafür entsprechende Modellgleichungen konstruieren oder aber, sofern man genügend Ausgangsdaten hat, andere Beobachtungszeiträume wählen. Die folgenden drei Graphiken veranschaulichen nochmals das „Herantasten“ an den in Ungleichung (7) beschriebenen Zusammenhang. Als Startjahr wird jeweils 1910 angenommen.
Szenario A:
p(t0) |
p(t1) |
P(t2) |
a |
b |
330 |
570 |
960 |
0,019411 |
0,000000271231 |
Szenario B:
p(t0) |
p(t1) |
P(t2) |
a |
b |
330 |
570 |
984,54 |
0,01821837 |
0,0000000000578 |
Szenario C:
p(t0) |
p(t1) |
P(t2) |
a |
b |
330 |
570 |
984,545 |
0,018218145 |
0,00000000000481 |